Poststraße 2

Poststraße 2

Gustav Italiener und Friederike geb. Heimann

Friederike Italiener geb. Heimann, Gustav Italiener und ihre Söhne Gerard und Henri

Friederike Italiener geb. Heimann war die Enkeltochter von Sally Levy Moosberg und seiner Frau Riekchen geb. Salberg, denen ein Textilgeschäft in der Poststraße 1 in Burgdorf gehörte. Ihre Mutter Clara hatte in Lügde Max Heimann geheiratet, wo Friederike und ihre Schwester Käthe aufwuchsen. Gustav war 1884 in der Lehrerwohnung der Synagoge (heute KulturWerkStadt) in der Poststraße 2 als Sohn des Lehrers Josef Italiener und seiner Frau Marianne geb. Adler geboren worden, aber in Peine aufgewachsen. 

Gerard Hans Italiener
Henri Werner Italiener

Gustav und die vierzehn Jahre jüngere Friederike werden sich vermutlich bei Besuchen der Großeltern Moosberg bzw. Adler in Burgdorf kennengelernt haben. Mit den 1925 und 1926 geborenen Söhnen Gerard und Henri lebte Friederike und Gustav in Hamburg. Er war dort Kaufmann und führte Am Neuen Wall in Hamburg eine Pelzkonfektion en gros. Die Familie wanderte zu Beginn des Krieges, vielleicht auch schon Anfang 1939 nach Ixelles/Brüssel aus. Am 4. September 1942 wurden alle vier vom berüchtigten Sammellager Drancy nordöstlich von Paris aus nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Möglicherweise waren die beiden Söhne davor in Gurs, im Südwesten Frankreichs, interniert.

Friederike, Clara geb. Moosberg, Max Heimann, Katharina, um 1918
Emma Blumenthal

Emma Blumenthal

Am 18. August 1855 wurde Emma Blumenthal im Haus Poststraße 2 geboren, im Gebäude der Synagoge. Ihr Vater war Pincus (auch Pintus oder Pinchas) Jacob Hirsch Blumenthal, der von 1853 bis 1874 als Lehrer der jüdischen Gemeinde in Burgdorf wirkte. Ihre Mutter Pauline Blumenthal geb. Rosenberg stammte aus einer Familie, die seit Generationen in Burgdorf lebte. Emmas Großeltern, Israel Gerson Rosenberg und seine Frau Marianne geb. Hammerschlag, waren auch die Urgroßeltern von Gustav, Bruno und Ludwig Italiener, die in der Zeit als Ihr Vater Josef in Burgdorf der Lehrer war, ebenfalls in diesem Haus lebten. Die Gräber von Israel Gerson Rosenberg und Pinchas Blumenthal sowie seiner Frau Pauline befinden sich auf dem Jüdischen Friedhof in der Uetzer Straße.

Als Unverheiratete lebte Emma Blumenthal lange Zeit im Elternhaus und spielte später wohl die Rolle einer „Familientante“, indem sie hier und da in der Familie den Haushalt führte, zuletzt für ihren Bruder Hirsch, genannt Hermann, der in Kassel als Bankier lebte. In Kassel blieb sie nach dessen Tod wohnen. Aber sie besuchte ihre Heimatstadt Burgdorf oft. Dort lebte ihre Schwester Ida, deren Mann Meyer Löwenstein seit 1886 in der Stadt als jüdischer Lehrer tätig war (siehe Louisenstraße 4). Noch im Jahr 1940 wohnte Emma Blumenthal zwei Mal jeweils für kurze Zeit bei Schwester und Schwager, die 1934 in der Hoffnung, in der Großstadt anonymer und weniger den Angriffen der Nazis ausgesetzt leben zu können, nach Hannover umgezogen waren. Von Kassel aus wurde sie am 7. September 1942 im Alter von 87 Jahren nach Theresienstadt deportiert und dort am 9. Oktober 1943 ermordet.

Schlossstraße 10

Schlossstraße 10

Geschäft von Bernhard und Henriette Gumperz geb. Fels in der Poststraße 13

Henriette Gumperz geb. Fels

Seit 1879 lebte Henriette Gumperz geb. Fels mit ihrem Mann Bernhard in Burgdorf. In der Poststraße 13 führten sie bis zum plötzlichen Tod ihres Mannes im Jahre 1910 ein Textilgeschäft. Drei Kinder, Johanna (1882), Albert (1884) und Gertrud (1886), brachte sie in Burgdorf zur Welt. Zuletzt wohnte sie in der heutigen Schlossstraße 10.

Ihre Mutter Bertha und ihre drei Schwestern, Ida, Emma und Therese, sind ihr nach Burgdorf gefolgt. Ihre Schwägerin Friederike war mit dem begüterten Burgdorfer Ölfabrikanten Carl Meyer verheiratet. Burgdorf war für die Familie offenbar bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten eine liebenswerte Stadt. Im Oktober 1933 verließ Henriette Gumperz Burgdorf und suchte Schutz bei ihrem Sohn Albert in Düsseldorf, weil sie sich hier wegen der Ausschreitungen des nationalsozialistischen Pöbels gegen jüdische Mitbürger, von denen die Nichte ihres Mannes, Olga, in einem Brief 1955 berichtet, nicht mehr sicher fühlte. 

Albert wurde in der Pogromnacht in Düsseldorf verhaftet und kurzzeitig nach Dachau verschleppt. Nach seiner Rückkehr emigrierte Henriette im April 1939 nach Den Haag. Ihr Name taucht dann erst wieder in den Listen des Lagers Westerbork (Niederlande) auf. Am 24. November 1942 wurde sie dort eingeliefert und noch am selben Tag nach Auschwitz deportiert. Dort kam sie am 27. November entweder tot an oder wurde bei ihrer Ankunft im Alter von 85 Jahren direkt in die Gaskammer geschickt.

Grüne Allee 7 Ramlingen

Grüne Allee 7 Ramlingen​

Elisbaeth geb. Bauer und Oskar Fodimann

Fodimann, Pauline, geb. Goldberg​

Pauline Fodimann, geb. Goldberg, war die Mutter von Max Fodimann, der sich evangelisch-lutherisch taufen ließ und am 18. März 1926 Elfriede Schrader aus Ramlingen in der St. Pankratius Kirche geheiratet hatte. Pauline stammte aus Polen, ihr Mann Mowscha (Navsche) Aaron aus Minks. Beide waren jüdischer Herkunft und hatten die russische Staatsangehörigkeit. Sie lebten zunächst in Dresden, seit Anfang der 1920er Jahre in Köln, wo Mowscha Aaron 1923 starb und begraben wurde. Pauline war am 2. November 1870 geboren und wurde am 27. Juli 1942 mit 72 Jahren von Köln nach Theresienstadt deportiert (Transport III/2, Zug Da 76 von Koeln,Köln (Köln),Rhein Provinz,Deutsches Reich nach Theresienstadt,Getto,Tschechoslowakei am 27/07/1942 ). Ihr Sohn Oskar schreibt einige Tage vorher an seinen Bruder Max in Ramlingen:

"Mittwoch 2 Uhr mittags Meine Lieben! Soeben erhalte ich die Hiobsnachricht, daß unsere lb. Mutter zum Transport für Montag, den 27. [Juli 1942; JR] eingesetzt ist. Sendet mir bitte sofort den Mantel und das Kleid im Korb nach hier. Bin bereits auf einer Stelle gewesen, aber nichts erreicht, morgen versuche ich es nochmals. Ob Erfolg ist eine große Frage. Solltet Ihr etwas an warmen Sachen haben 1 Unterhose oder Strümpfe legt es bitte bei. Ihr könnt Euch meinen Zustand vorstellen. Else weiß noch nichts, der Transport soll nach Theresienstadt (Böhmen?) hingehen. Erhielt soeben durch Adele die telefonische Nachricht. Viel schreiben kann ich jetzt nicht, bin zu erregt, der Brief soll weg, es ist furchtbar, was man alles mitmachen muß, aber hoffen wir weiter. Es gibt auch noch einen Gott. Ich bin leider dazu bestimmt, immer Hiobsnachrichten zu bringen. Bleibt gesund und munter. Es grüßt und küßt Euch alle viel tausendmal Mama und Euer Oskar."

Am 18. Dezember 1943 wurde sie von Theresienstadt aus nach Auschwitz transportiert (Transport Ds von Theresienstadt,Getto,Tschechoslowakei nach Auschwitz Birkenau,Vernichtungslager,Polen am 18/12/1943 ) und dort ermordet.

Fodimann, Oskar

Oskar Fodimann war der ältere Bruder von Max Fodimann, der mit seiner Frau Elfriede seit 1926 in Ramlingen den schwiegerelterlichen Hof bewirtschaftete. Beide waren jüdischer Herkunft mit russischer Staatsangehörigkeit. Oskar wurde am 25. März 1884 in Dresden geboren. In Köln, wo er mit den Eltern, Pauline geb. Goldberg und Mowscha Aaron, seit Anfang der 1920er Jahre lebte, heiratete Oskar Elisabeth (Else) Bauer, die vermutlich nicht-jüdischer Herkunft war. Da alle bekannten Transporte zwischen dem 27. Juli 1942 und Juni 1943 von Köln aus nach Theresienstadt gingen, muss Oskar zuvor wohl dort gewesen sein, bevor er am 15. Juni 1943 in Auschwitz ermordet wurde.dapibus leo.

Eidesstattliche Erklärung zum Tod ihres Mannes Oskar im Rahmen eines Entschädigungsantrags von Elisabeth Fodimann

Braunschweiger Straße 10

Braunschweiger Straße 10

Seewald Sigfried Goldschmidt und Berta geb. Fleischhacker

Seewald Siegfried Goldschmidt

Am 2. November 1880 wurde Seewald Siegfried Goldschmidt in dem Haus in der Braunschweiger Straße 10 geboren. Seine Eltern waren Salomon Goldschmidt und Emma Goldschmidt geb. Rosenstern. Seewald Siegfried Goldschmidt trat in die Fußstapfen seines Vaters, der zuletzt Direktor der Telephonfabrik Berliner in Hannover war, und wurde dort Prokurist. Später gründete er einen Packpapiervertrieb, den er bis 1936 führte, freilich seit 1933 mit rapide schwindendem Umsatz. Aus den Schreiben, die er in den Jahren 1939 und 1940 an den Oberfinanzpräsidenten richtete, geht hervor, wie sehr er unter der rassischen Diskriminierung und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Abstieg litt. 

Als er 1940 nach Belgien auswanderte, war er nahezu mittellos. Mit großen Hoffnungen brach Seewald Siegfried Goldschmidt nach Brüssel auf. Er schrieb, er wolle sich eine neue Existenz aufbauen. Das ist ihm nicht gelungen. 1942 wurde er verhaftet und in das Sammellager Mechelen geschafft. Am 4. August 1942 wurde er mit dem ersten Transport aus Mechelen nach Auschwitz deportiert (Transport I from Caserne Dossin (Malines-Mechelen),Camp,Belgium to Auschwitz Birkenau,Extermination Camp,Poland on 04/08/1942 ). Dort wurde er ermordet.

Seine von ihm getrennt lebende Berta geb. Fleichhacker wurde am 15.12.1941 mit 1000 anderen Jüdinnen und Juden von Hannover nach Riga deportiert. Die gemeinsame Tochter Edith emigrierte 1935 nach Palästina.